Curriculum
Im Zentrum stehen die Schüler*innen. Sie werden von Teilnehmenden, die nach den Vorgaben von Lehrkräften mit Informationen versorgt werden, mit zunehmender Selbstständigkeit zu aktiv Partizipierenden, die für ihr Lernen Verantwortung tragen und über Handlungs- und Gestaltungskompetenz verfügen.
Fächer werden nicht nur fragmentiert als unabhängige Wissensinseln gelehrt, sondern in Bezug auf das Leben vernetzt. Essenzielle Fertigkeiten, Haltungen und Kenntnisse des 21. Jahrhunderts werden dabei verbunden mit relevanten Themen und Problemen aus der Lebenswelt der Schüler*innen. Lernen ist kein Auswendiglernen von Fakten und Formeln, sondern eine ganzheitliche Kompetenzbildung.
Das Curriculum stellt die Weichen für lebenslanges Lernen, indem die Freude am Lernen behalten und das Lernen selbst gelernt wird. Es berücksichtigt diverse Wissens- und Lernformen, verschiedene Intelligenzen und bindet Technologie und Multimedia ein.
Die Schule kapselt Bildung nicht ein, sondern agiert als Nervenzentrum, das Lehrer*innen, Schüler*innen, Eltern und die Gemeinschaft mit dem Reichtum an Weltwissen verbindet. Schüler*innen arbeiten mit Expert*innen, Eltern, Firmen, Initiativen und Institutionen aus der ganzen Welt zusammen. Der Lehrplan für das 21. Jahrhundert ist ein globaler Lehrplan. Das Klassenzimmer des 21. Jahrhunderts ist ein globales Klassenzimmer.
Das lange Schuljahr wird in drei Lerneinheiten aufgebrochen. Vor jeder 10 wöchigen Einheit werden von Schüler*innen, Eltern und Lehrer*innen ganzheitliche Ziele und Meilensteine (OKRs) festgelegt. Die Lerneinheiten wiederum bestehen aus agilen Sprints, die Ich- und Wir-Prozesse verbinden und mit formativem Feedback abgeschlossen werden. Schüler*innen navigieren ihre Lernreise in solch einer Lernlandschaft mit einem digitalen Logbuch und einem persönlichen Mentoring und dokumentieren ihre Lernreise in einem Portfolio. Das Graduierungssystem sichert das ganzheitliche Wachstum der Schüler*innen und erlaubt immer mehr Teilhabe an und Gestaltung der Schule.
Als anerkannte Ersatzschule verpflichten wir uns, den staatlich vorgegebenen Lehrplänen Nordrhein-Westfalens zu entsprechen. Diese Inhalte werden in den folgenden Lernprogrammen so miteinander verbunden, dass sie lebensrelevant aufgearbeitet werden können und so ein tieferes Lernverständnis gesichert ist:
1. Projektbasiertes Lernen
10-wöchige Lerneinheit, fächerübergreifend
Ablauf
Können wir den Nachrichten trauen? Wie gehen wir am besten mit Geld um? Wie können wir den Obdachlosen im Viertel helfen? Die Projekte beginnen mit einer Fragestellung, einem Thema oder einem Phänomen, das die Lerngemeinschaft interessiert. Zunächst gehen die Schülerinnen von dem abstrakten großen Thema zu konkreten Leitfragen über und entwickeln Konzepte, um die sich daraus ergebenden Herausforderungen zu lösen. Es gilt die vorhandenen Ressourcen, sowie Hindernisse zu prüfen, Arbeitsprozesse und - methoden zu bestimmen, Lösungen im Team zu erarbeiten, zu implementieren und zu evaluieren. Dabei stoßen die Schülerinnen an ihre Grenzen. Um voran zu kömmen, müssen sie sich fachliches Wissen und Fähigkeiten aneignen. So entstehen aus authentischen Lernbedürfnissen innerhalb eines Projektes fachgebundene Sprints. Diese werden organisiert durch Inputs, selbstorganisiertes Lernen und Tutorien.
Inputs
Inputs sind kurze fachlich gebundene Vorträge von Fachlehrer*innen und Expert*innen. Die Inputs sollen den Schüler*innen das Wissen nicht vorkauen. Vielmehr geht es darum, fachspezifische Themengebiete auf interessante Weise einzuführen und Lernimpulse (Perspektiven, Methoden, Frameworks) zu geben. Anschließend ziehen die Schüler*innen alleine oder in Gruppen los, um in selbstorganisiertem Lernen selbständig zu arbeiten.
Selbstorganisiertes Lernen (SoL)
Während des größten Teils des 20. Jahrhunderts war Bildung ein Prozess der Wissensvermittlung von einer höheren Instanz, dem Lehrer bzw. der Lehrerin, hinunter zum Schüler bzw. der Schülerin. Dieses Modell reicht einfach nicht mehr aus, um mit dem radikalen Wandel im 21. Jahrhundert hinterher zu kommen. Der Kern von SoL ist der Übergang von einem lehrbasierten zu einem lernbasierten Ansatz. Der Schüler muss Eigeninitiative aufbringen, sich selbstbestimmt, selbstorganisiert und selbstreflektiert Wissen aneignen, dieses bewerten und anwenden, um Aufgaben zu lösen. In dieser Lernphase arbeiten die Schüler*innen alleine oder in Gruppen kritisch mit dem vorhandenen und abrufbaren Weltwissen, bilden Lerngemeinschaften, forschen und probieren aus, machen Fehler und lernen aus ihnen. Die Lehrer*innen sind in unmittelbarer Nähe, für alle Schüler*innen jederzeit ansprechbar. Erste*r Ansprechpartner*in ist jedoch immer der/die Mitschüler*in. So entsteht ein nachhaltiges, kooperatives System, in dem auch Schüler*innen untereinander lehren und so das erworbene Wissen vertiefen. Längere SoL Einheiten werden von Tutorien begleitet.
Tutorien
Lehrer*innen, ältere Schüler*innen und Expert*innen bieten während des Sprints regelmäßig spezifische Tutorien an (auch Schüler*innen können im digitalen System nach einem spezifischen Tutorium verlangen). Diese werden von Schüler*innen genutzt, die an einem bestimmten Punkt weitere Hilfe oder Vertiefung wünschen, oder solchen, die einfach Lust auf das Thema haben. Im kleinen Kreis werden bei den Tutorien Probleme präsentiert und Lösungsansätze diskutiert. Fachlehrer*innen setzen dabei der Reihe nach Schüler*innen weiterer Graduierungsstufen als Tutoriumsleitung ein, so dass hier alle Lernenden zu Lehrenden werden.
Ist der Sprint mit Input, SoL und Tutorium abgeschlossen, kehrt die Gruppe wieder zu dem Projekt zurück, bereit, das erworbene Wissen anzuwenden, um im Projekt weiterzukommen. Jedes Projekt mündet in einem Ergebnis. Dieses wird offline (Darbietung, Ausstellung, Präsentation etc.) und online (soziale Netzwerke, digitale Zusammenkunft etc.) über die Schule hinaus mit der Welt geteilt. (“Learn, Create, Share” Framework). Dazu werden die Türen der Schule für die Öffentlichkeit geöffnet und die ganze Schulgemeinschaft und Stadtbewohner kommen zusammen, um die Resultate zu erleben.
Der Ablauf eines Projekts an der X-Schule kann folgendermaßen zusammengefasst werden:
Nutzen
Problembasiertes Lernen ist evidenzbasiertes Lernen. Internationale Studien belegen, dass projektbasiertes Lernen die akademische Leistung der Schüler*innen steigert. Obwohl die Lehrer und die Besonderheiten des Unterrichts in den verschiedenen Klassen und Ländern sehr unterschiedlich waren, blieb die Überlegenheit der problemorientierten Untersuchung in jeder Situation erhalten, was eine bemerkenswerte Verallgemeinerbarkeit zeigt. Die Ergebnisse dieser Studien tragen “zu dem Konsens bei, dass problembasiertes Lernen akademisch hochwirksam ist, insbesondere im Hinblick auf längerfristige Lernergebnisse, und sie werden von den am stärksten betroffenen Akteur*innen - Lehrer*innen, Schüler*innen und Eltern - befürwortet.” Am Ende jedes Projektes haben die Schüler*innen eine Vielzahl von Fächern des Kernlehrplans und die darin eingeforderten Kompetenzen einprägsam, weil sinnerfüllt im Hinblick auf eine relevante Anwendung hin, aktiv gelernt.
Über die fachliche Lernerfahrung hinaus haben die Projekte weitere Nutzen:
Jedes Projekt verbindet bewusst und zielgerichtet das Fachwissen mit X-Schule Kernkompetenzen des 21. Jahrhunderts. Kommunikation, Kollaboration, Selbstführung, Strategisches Denken, Unternehmertum und Führungsqualität liegen sowieso in der Natur dieses Arbeitens, da die Schüler*innen ihre Projekte managen, verhandeln, Aufgaben verteilen und Wege finden müssen, mit diversen Gruppen zu kollaborieren. Sie entwickeln ihre Vision, stellen Pläne auf, initiieren Unternehmungen, lernen, in funktionalen Beziehungen zueinander zu stehen, mit Niederlagen umzugehen und aus Fehlern zu lernen. Die Schülerinnen und Schüler werden sich bewusst, dass sie in der Lage sind, herauszufinden, was sie wissen müssen, und diese neuen Informationen zu nutzen, um Lösungen für Situationen zu finden, auf die es keine offensichtliche Antwort gibt. Sie gewinnen mehr Selbstvertrauen und beteiligen sich bald auch außerhalb des Klassenzimmers an diesem Prozess. Sie werden zu lebenslangen Problemlösern. Dabei verbinden sie analoge und digitale Werkzeuge, um Produkte von echtem gesellschaftlichen Mehrwert zu kreieren. Sie erleben Selbstwirksamkeit und fühlen, dass sie die Welt mitgestalten können. Dies beugt das Gefühl von Ohnmacht, das viele Jugendliche in soziale Apathie, Nihilismus oder Fanatismus führen kann.
2. Workshops
Flexible Länge, fach bzw. themenspezifisch
Ob Coding, Mathe oder Englisch - Schüler*innen besuchen Workshops, um ganz gezielt Fachkompetenzen zu erwerben. So kann eine Schülerin den Workshop Coding 2 oder Mathe 4 wählen, um darin entsprechende Punkte zu sammeln. Die Workshops dienen somit der X-Schule auch als Ausgleich, um konkrete Fachinhalte bestimmter Fächer zu behandeln, die in den Projekten zu kurz kommen. Personalisiertes Lernen und Lernen im Gruppenverbund wird maximal genutzt, um aktiv und kompetenzorientiert zu arbeiten. Der Gebrauch von digitalen Lernmaterialien im “blended learning” und das selbstorganisierte Lernen erlaubt Schüler*innen Workshops nach eigenen Bedürfnissen auszurichten und im eigenen Tempo zu lernen. So kann eine Schülerin z.B. in Mathe schon einige Jahrgänge weiter sein, als ein gleichaltriger Schüler, während er ihr in Coding voraus ist. Beide müssen jedoch in allen Fächern das Basis-Level erfolgreich abgeschlossen haben. Erst dann können sie selbstbestimmt nach oben hin arbeiten.
3. Aktionen
Flexible Länge, kompetenzbasiert
Einem Tier helfen, auf einer offenen Bühne Stand Up Comedy performen, 24 Stunden als Obdachlose*r leben - Hat alles nichts mit Schule zu tun? Bei uns schon! X-Schule Aktionen sind kompetenzorientierte, fachunabhängige Herausforderungen im und fürs Leben.
Ablauf
Jedes Schuljahr gibt es für die Schüler*innen drei einmalige Aktionen, eine Aktion pro Lerneinheit. Die Aktionen sind auf die Kompetenzen der entsprechenden Lerneinheit hin gemünzt und können von der Lerngemeinschaft erstellt und angepasst werden. So können auch Schüler*innen selbst Aktionen vorschlagen, die in den Katalog aufgenommen werden, wenn sie den schulinternen Kriterien entsprechen.
Nutzen
Im Rahmen der Aktionen sollen Schüler*innen Erfahrungen machen, die prägend sind. Zukunftskompetenzen werden in diesem Format durch einmalige Lebenserfahrungen außerhalb der Komfortzone erworben. Erfahrungen solcherart, die ungewöhnlich sind und die man sonst eher vermeiden würde, werden hier als Herausforderung mit der Gruppe angenommen.
Beispiele
4. Rituale
Habits of Success
Kleine Praktiken können Großes bewirken, wenn sie zur Gewohnheit werden. Bei den Ritualen wollen wir durch regelmäßige, kurze Einheiten, Gewohnheiten entwickeln, die von ganzheitlichem Nutzen für Schüler*innen sind (“Habits of success & wellbeing”).